Dienstag, 18. Juli 2017

Hinter der Welt

Seit gut drei Wochen lebe ich in Deutschland.
Wieder.
Zuvor war ich Inselpfarrer auf Teneriffa.
Bald werde ich wieder Pfarrer sein in Sachsen.
Hinter dem Wald und hinter der Welt.
In der Sächsischen Schweiz.
Wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen.
Wo es von Doof- und Dunkel-Deutschen wimmelt.
Angeblich.
Wo ich stattdessen in den letzten drei Wochen Menschen angetroffen habe, die freundlich, herzlich und offen sind wie nur wenige anderswo.
Von hier aus will ich in unregelmäßigen Abständen Ansichten und Einsichten aus der ostdeutschen Provinz teilen.

Ich versuche von hinten zu blicken.
Und dahinter zu blicken.

Den Ausdruck Hinterweltler hat Friedrich Nietzsche geprägt.
Und er hat ihn nicht nett gemeint.
Er hat ihn auf die Religionsanhänger und Metaphysiker gemünzt, die sich nicht mit der Welt zufrieden geben mögen, in der sie leben, die seiner Meinung nach weltverachtend und lebensverneinend existieren.
Weltverachtend und lebensverneinend bin ich nun gerade nicht.
Aber mit der Welt, in der wir leben, möchte ich mich nun auch nicht allein zufrieden geben.
Mit der alten Metaphysik hat das nicht so viel zu tun.
Aber mit dem Glauben an den Sinn, an die Wahrheit, an das Gute und das Schöne.
Traditionell sagen wir Gott dazu.
Ich auch.
Ich glaube, dass es immer noch mehr gibt, als das, was der Fall ist.
Ich glaube, dass Fakten nicht alles sind, sondern dass es auf Sinn und Bedeutung ankommt.
Ich glaube, dass ich nicht glauben muss, was alle glauben.
Und dass ich die Welt nicht sehen muss, wie alle sie sehen.

Von hinter der Welt sieht man vielleicht ein wenig mehr und vor allem manches anders, als wenn man immer mitten drin ist.
Vieles von der Welt sehe ich auf Bildschirmen.
Das ist gewiss nicht die Welt, wie sie ist oder wie sie sein soll.
Vieles, ganz anderes, vielleicht viel Wesentlicheres, sehe ich in den Gesichtern und Gestalten der Menschen, die mir begegnen, ob als Einheimische oder Fremde, als Gemeindeglieder oder Geschäftspartner, als Christen oder als Heiden.

Und dann sehe ich gerade ganz viel Grün, das auf der Insel vergleichsweise selten war, ich sehe die Felsen der Sächsischen Schweiz, die Burg gegenüber von meinem Fenster und den Kirchturm meines neuen Heimatstädtchens.
Und freue mich, dass ich da bin, und dass ich hier bin.